Pendler bin ich, pendle hin und her

Pendler zwischen Himmel und Hölle

7:00 Uhr, der Ste­ward macht sei­ne zwei­te Run­de. Es gibt hei­ßen Kaf­fee, wahl­wei­se Tee oder auch O‑Saft, da­zu knusp­ri­ge Bröt­chen mit le­cke­rem Be­lag nach Wunsch. Ent­spannt sit­ze ich in mei­nem Plüsch­ses­sel, die Fü­ße be­quem auf dem Fuß­bänk­chen. Ei­ne an­ge­neh­me­re Art des Rei­sens ist kaum vor­stell­bar. Ich lie­be die Bahn.

Die Fahrt über ei­ne Wei­che rüt­telt den Zug kurz durch, ich bin wach. Heu­te Mor­gen ha­be ich Glück, denn ich sit­ze. Leh­ne links an ei­ner be­schla­ge­nen Fens­ter­schei­be, rechts ein­deu­tig be­grenzt durch den har­ten El­len­bo­gen mei­nes Nach­bars. Viel­leicht war es ges­tern Abend, even­tu­ell auch heu­te Mor­gen, dass er ein Knob­lauch­bad ge­nom­men hat. Egal, zu­min­dest ha­be ich ei­nen Sitz­platz und muss nicht im Gang ste­hen. Der Zug hält, Bahn­hof Qua­drath-Ichen­dorf, es quet­schen sich wei­te­re Pend­ler in den Zug. Ei­ne ge­seufz­te Fah­ne aus der An­ony­mi­tät der Mas­se, gibt Aus­kunft dar­über, dass es zu­min­dest bei ei­nem Mit­rei­sen­den, heu­te Mor­gen schon Früh­stücks­korn gab.

Das Foto zeigt einen Bahnsteig mit Reisenden, einige von ihnen scheinen Pendler zu sein. Die Bahnsteiganzeige zeigt den Text:"Bitte nicht einsteigen". Ein Zug hält am Bahnsteig, dieser Zug ist ganz offensichtlich kein Personenzug sondern ein Güterzug. Die Situation wirkt witzig.
RB38 — die Erftbahn

Der Bom­bar­dier Ta­lent ist im Grun­de ein hüb­scher Zug. Sein wind­schnit­ti­ges, leicht fu­tu­ris­ti­sches Äu­ße­res, lässt auf Qua­li­tät schlie­ßen. Wenn man ei­nen Sitz­platz er­wischt, ein gu­ter Zug. Er wird auf der Stre­cke der Erft­bahn ei­gent­lich als drei­tei­li­ges Ge­lenk­fahr­zeug in Zwei­er­pack ein­ge­setzt, al­so qua­si 6 Wa­gons. Lei­der reicht es hin und wie­der nur für 3 Wa­gons, manch­mal reicht es nicht mal da­für. Dann fällt der Zug aus, was nicht tra­gisch ist, hat man doch ei­ne Vor­warn­zeit von 5 Mi­nu­ten — meistens.

Wahrscheinlich ist es Bahnsteig 9, vielleicht aber auch nicht

Die Rück­fahrt star­tet für mich im Haupt­bahn­hof Köln. Hin­weis­ta­feln und Laut­spre­cher­durch­sa­gen, sol­len dar­über Auf­schluss ge­ben, wann und wo, wel­cher Zug ab­fährt. Die Ta­feln, sind mehr als un­ver­bind­li­che Emp­feh­lung zu ver­ste­hen. Ein­deu­tig in­for­ma­ti­ver sind für Pend­ler die Durch­sa­gen. Ab und an wird man Zeit­gleich mit Ein­fahrt der Bahn, dar­auf hin­ge­wie­sen, dass man den Bahn­steig wech­seln muss. Dann heißt es, die Bei­ne in die Hand neh­men. Mich er­in­nert die­se Si­tua­ti­on im­mer an fol­gen­de Sze­ne aus „Die Fe­ri­en des Mon­sieur Hul­ot“ — ein groß­ar­ti­ger Film.

Doch lieber mit dem Auto pendeln?

Die­se Fra­ge kann ich mit ei­nem kla­ren „Nein“ be­ant­wor­ten. Ob­wohl ich die in die­sem Text be­schrie­be­nen Si­tua­tio­nen, wirk­lich schon mal er­lebt ha­be, sind sol­che Er­leb­nis­se eher sel­ten. Im di­rek­ten Ver­gleich zum Au­to, gibt mir die Bahn­fahrt die Mög­lich­keit mei­ne Zeit sinn­voll zu nut­zen. Wäh­rend ich im Au­to nicht viel mehr ma­chen kann als, ei­ne Ton­ne Stahl von A nach B zu trans­por­tie­ren. Bie­tet mir ei­ne Zug­fahrt die Mög­lich­keit al­les zu tun, was man so im Sit­zen in der Öf­fent­lich­keit ma­chen kann. Kein Stau, kei­ne Park­platz­su­che, statt­des­sen le­sen, sur­fen, Fil­me schauen…