Pendler zwischen Himmel und Hölle
7:00 Uhr, der Steward macht seine zweite Runde. Es gibt heißen Kaffee, wahlweise Tee oder auch O‑Saft, dazu knusprige Brötchen mit leckerem Belag nach Wunsch. Entspannt sitze ich in meinem Plüschsessel, die Füße bequem auf dem Fußbänkchen. Eine angenehmere Art des Reisens ist kaum vorstellbar. Ich liebe die Bahn.
Die Fahrt über eine Weiche rüttelt den Zug kurz durch, ich bin wach. Heute Morgen habe ich Glück, denn ich sitze. Lehne links an einer beschlagenen Fensterscheibe, rechts eindeutig begrenzt durch den harten Ellenbogen meines Nachbars. Vielleicht war es gestern Abend, eventuell auch heute Morgen, dass er ein Knoblauchbad genommen hat. Egal, zumindest habe ich einen Sitzplatz und muss nicht im Gang stehen. Der Zug hält, Bahnhof Quadrath-Ichendorf, es quetschen sich weitere Pendler in den Zug. Eine geseufzte Fahne aus der Anonymität der Masse, gibt Auskunft darüber, dass es zumindest bei einem Mitreisenden, heute Morgen schon Frühstückskorn gab.
Der Bombardier Talent ist im Grunde ein hübscher Zug. Sein windschnittiges, leicht futuristisches Äußeres, lässt auf Qualität schließen. Wenn man einen Sitzplatz erwischt, ein guter Zug. Er wird auf der Strecke der Erftbahn eigentlich als dreiteiliges Gelenkfahrzeug in Zweierpack eingesetzt, also quasi 6 Wagons. Leider reicht es hin und wieder nur für 3 Wagons, manchmal reicht es nicht mal dafür. Dann fällt der Zug aus, was nicht tragisch ist, hat man doch eine Vorwarnzeit von 5 Minuten — meistens.
Wahrscheinlich ist es Bahnsteig 9, vielleicht aber auch nicht
Die Rückfahrt startet für mich im Hauptbahnhof Köln. Hinweistafeln und Lautsprecherdurchsagen, sollen darüber Aufschluss geben, wann und wo, welcher Zug abfährt. Die Tafeln, sind mehr als unverbindliche Empfehlung zu verstehen. Eindeutig informativer sind für Pendler die Durchsagen. Ab und an wird man Zeitgleich mit Einfahrt der Bahn, darauf hingewiesen, dass man den Bahnsteig wechseln muss. Dann heißt es, die Beine in die Hand nehmen. Mich erinnert diese Situation immer an folgende Szene aus „Die Ferien des Monsieur Hulot“ — ein großartiger Film.
Doch lieber mit dem Auto pendeln?
Diese Frage kann ich mit einem klaren „Nein“ beantworten. Obwohl ich die in diesem Text beschriebenen Situationen, wirklich schon mal erlebt habe, sind solche Erlebnisse eher selten. Im direkten Vergleich zum Auto, gibt mir die Bahnfahrt die Möglichkeit meine Zeit sinnvoll zu nutzen. Während ich im Auto nicht viel mehr machen kann als, eine Tonne Stahl von A nach B zu transportieren. Bietet mir eine Zugfahrt die Möglichkeit alles zu tun, was man so im Sitzen in der Öffentlichkeit machen kann. Kein Stau, keine Parkplatzsuche, stattdessen lesen, surfen, Filme schauen…