Pflege im Jahr 2060

2060, ich bin noch da

Jack­pot! Wir schrei­ben das Jahr 2060 und ich le­be im­mer noch. 93 Jah­re bin ich nun schon un­ter den Le­ben­den. Nicht ganz so pri­ckelnd: ich star­re seit 10 Jah­ren dumpf an die De­cke. Mein gan­zes Le­ben ha­be ich ger­ne ge­ges­sen, Fri­ka­del­len­bröt­chen zum Bei­spiel, das 8000ste muss wohl schlecht ge­we­sen sein, es führ­te ur­plötz­lich zu Ar­te­rio­skle­ro­se und schließ­lich zum Schlag­an­fall — sub­op­ti­mal ge­lau­fen. In der Pfle­ge ge­ar­bei­tet ha­be ich schon, ge­pflegt zu wer­den ist et­was voll­kom­men an­de­res. Das ist nicht nur ei­ne Fra­ge der Perspektive.

Das schwarz/weiß-Foto zeigt einen alten Menschen im Batman-Kostüm. Ein direkter Bezug zur Pflege fehlt zwear auf dem Foto, aber die abgebildete Person stammt tatsächlich aus einem Pflegeheim.

Pflege, zwei grundsätzliche Optionen

Vor 40 Jah­ren, im Jah­re 2020, brach sich in der Öf­fent­lich­keit ein Zu­kunfts­the­ma Bahn. Die öf­fent­li­chen Dis­kus­sio­nen je­ner Zeit dreh­ten sich um die Fra­ge, wie wir trotz de­mo­gra­phi­schen Wan­dels, ei­ne qua­li­ta­tiv hoch­wer­ti­ge Pfle­ge in der Zu­kunft si­cher stel­len können.

Durch die ra­san­te tech­ni­sche Ent­wick­lung im IT-Be­reich, zeich­ne­te sich für die Zu­kunft ei­ne zu­neh­men­de Au­to­ma­ti­sie­rung der Pfle­ge ab. Pfle­ge­ro­bo­ter wur­den im­mer mehr als rea­le Mög­lich­keit be­grif­fen. Im Ge­gen­satz zu mensch­li­chen Pfle­gern, galt die­se me­cha­ni­sier­te Zu­kunfts­vi­si­on, vie­len mehr als Dys­to­pie denn als Uto­pie. Mensch­li­chen Pfle­ger wur­de Em­pa­thie und Qua­li­tät zu­ge­spro­chen, Pfle­ge­ro­bo­ter gal­ten vie­len als kalt — im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes als un­mensch­li­che Option.

Gefühle sind nicht immer positiv

Mensch­li­ches Han­deln ist nicht im­mer Ga­rant für gu­te Pfle­ge, die al­len hu­ma­nis­ti­schen Idea­len ent­spricht. Das Spek­trum des­sen was schief ge­hen kann, reicht von der mür­ri­schen mies­ge­laun­ten Pfle­ge­rin bis hin zum mor­den­den Mons­ter mit der Gift­sprit­ze. Da­zwi­schen sind al­le Schat­tie­run­gen schlech­ter Pfle­ge mög­lich, und oft wer­den sol­che Hand­lun­gen auch von Kol­le­gen gedeckt.

Pfle­ge­ro­bo­ter soll­ten ent­spre­chend ih­rer Pro­gram­mie­rung, ge­mäß der Vor­ga­ben ih­re Ar­beit ver­rich­ten. Sie ha­ben kei­nen schlech­ten Tag, kön­nen kei­ne An­ti­pa­thie oder gar Ag­gres­sio­nen ent­wi­ckeln. Es ist ge­ra­de ih­re Ge­fühls­käl­te die ich be­vor­zu­ge. Sie kön­nen mich zwar nicht ge­fühl­voll strei­cheln, aber was viel wich­ti­ger ist, sie kön­nen mich auch nicht schla­gen. Angst­frei und oh­ne je­de Scham kann ich mich pfle­gen lassen.